BERNHARD RESCH

Kaleidoskop des Todes

Bernhard Reschs kostbare Bruchstücke einer disparaten Welt

Der gespitzte Bleistift musste es sein und nichts anderes, weicheres, kam in Frage. Es gibt nichts grausameres für einen Bildermacher als die Konfrontation einer weißen Papierfläche mit dem schlichtesten aller graphischer Spurenerzeuger. Bernhard Resch gehört zu den raren Masochisten, die sich heute noch die Qual der realistischen Bleistiftzeichnung antun. Wer das angebliche Kinderkritzelspielzeug Bleistift zur Hand nimmt, verzichtet auf jeden Anflug von Kindlichkeit.
Hat er es sich doch selbst auferlegt, mit Lupenblick hinzuschauen, präzise und ohne Verzerrungszone gestalterisch zu definieren. Resch stellt sich dem Tribunal des lichten Papier-Unraumes und eines einfachen, scheinbar harmlosen Gerätes, das dem Nichts das Etwas entreißt.
Er könnte es sich leichter machen und Farbe einsetzen. Aber er bevorzugt Schwarzweiß und damit eine Abstraktionsstufe des Wirklichen. Farbe ist Ausrede, das Betteln um Verständnis für gewisse Fehler und Schwächen. Schwarzweiß ist direkte, unlackierte Rede. Schlamperei der Gefühle ist ausgeschlossen. Visuelle Faktenkunde ist angesagt.
Bernhard Resch knüpft in seiner neuen Zeichnung an die Kunst früher deutscher Romantiker an.
Auch den Künstlern um 1800 ging es um das Maximum der Liniendisziplin. Zweihundert Jahre später lebt ein junger Künstler, dem es ebenfalls gelingt, ohne viele Vorstudien eine Art geläuterter Wirklichkeit aus dem Papierweiß zu holen. Selbstverständlich ist Resch das Kind einer desillusionierten, ironisch-spielerischen Postmoderne. Anders als seine Vorgänger kann er nicht mehr auf die Sicherheiten eines allumfassenden Welt- und Himmelsgefühles bauen. Damals gehörte noch alles zusammen, das Einzelne war eingebettet und aufgehoben im großen Ganzen, das freilich erste Brüche zeigte.
Bernhard Resch weiß, dass er nur Sammler von Bruchstücken und Kombinierer disparater Fragmente sein kann. Umso hingebungsvoller kümmert er sich zeichnerisch um die Details seiner kaleidoskopischen Schüttel- und Rüttelwelt, in der sich verschiedene Realitätsebenen durchkreuzen und verflechten. Das Ornamentale steht gleichberechtigt neben dem Naturalistischen. Das Profane verträgt sich mit dem Sakralen. Der Witz posiert am Altar. Das Schablonenhafte gewinnt gespenstisches Leben. Wie die Totenstarre porentief porträtierter Pflanzenteile.
Bernhard Reschs zentrales Interesse gilt dem Studium des Scheintoten und des Scheinlebendigen.
Wie unter dem Mikroskop holt er das Lebende heran ans Auge und tötet es in der Nahsicht. Deshalb haben seine Gesichter die Aura von Präparaten. Die Zitate der Plastikwelt gewinnen hingegen eigenes Leben. Wie die Bewohner nächtlicher Puppenstuben. Bernhard Resch produziert kostbare Leichname. Er bringt das Abgestorbene zum Tanzen. Er macht bewusst, dass auf nichts mehr Verlass ist außer auf die Unverlässlichkeit der Oberflächen. Aus der zeichnerischen Botanisiertrommel des Bernhard Resch purzeln die lustigen Zeugen totaler Entfremdung.
Bernhard Resch ist ein raffinierter Todeserotiker.

 

Anton Gugg
2005

Der junge Faistenauer Bernhard Resch fotografiert seine „Blumensarkopharge“, von menschlicher Pflege vernachlässigte Blumentröge, und kombiniert dazu Lieblingstiere des Menschen, Pferd und Hund. Diese sind liebevoll und minutiös mit Buntstift gezeichnet, umgeben von glitzerndem Hintergrund – verräterisches Zeichen für Paarung von Kitsch und überhöhter herzlicher Zuneigung, wenn es um das eigne Tier geht.
Völlig denaturiert und kaum noch Verweise auf ihre Existenz in Freiheit der Berge und des Ozeans sind Edelweiß und Thunfisch ( in der Dose), wenn sie von Resch als Motive eines in Gobelinsickerei ausgeführten Kissens Verwendung finden.

 

Gudrun Weinzierl
Auszug aus dem Artikel:
Zwischen Igelkäfig und Thunfischdose, Die Salzburger Galerie Altnöder zeigt in ihrer Sommerausstellung Positionen zum Thema Natur in der Kunst.
1. August 2008

PHLOXY  ON TOUR

Eine Frau, ein Mann und eine Ziege treffen sich auf einer Bildfläche, in einem Raum, der genau definiert ist, dessen Vordergrund ein schwebender zu sein scheint und, dessen Hintergrund eine gemusterte Rückfläche bietet.
Farblich in Schwarz, Weiß und verschiedensten Grautönen gehalten, ist die feine Struktur der Malweise Reschs in Gouache zu erkennen. Durch die Figuren scheinen die Muster des Hintergrundes durch und entnehmen den Figuren ihre Materialität.
Durchsichtig ist nur, was luftgeformte Gestalt ergibt, eine Substanz ohne konkrete Form im Fehlen des Greifbaren- eine Vorstellung der Form.

Um Reschs Oeuvre zu beschreiben, übernimmt er die Portraitmalerei der Renaissance und definiert sie im Zeichen des 21. Jahrhunderts neu. Wenn gleich die äußere Form der Bilder von oval bis zu kleeblattförmig variieren, so bleiben sie inhaltlich wie im ästhetischen Konzept ident.  Nicht die Darstellung der menschlichen Physiognomie zählt, sondern das Geistige der menschlichen Natur. Die Idealisierung, die Stilisierung der Figur dient als Hilfsmittel der Präsentation der Amaterie des Menschen. Die blasse Farbigkeit nimmt den Figuren zusätzlich Leben und lassen sie im Augenblick erstarren.
In den Leerraum zwischen den Figuren geht die geistige Stärke des Menschen über und erfüllt ihn. Die Idealisierung steht nicht im Zeichen des Schönheitswahns unserer Zeit, sondern im Essentiellen der menschlichen Existenz, im Kern der fleischlichen Hülle- der Seele.

                                                                                                Ainarú Stania

Artist in residence

Der 1975 geborene Künstler Bernhard Resch hat an der Akademie der Bildenden Künste in der Meisterklasse F. Hunderwasser besucht und 1998 bei Hubert Schmalix abgeschlossen. Er lebt und arbeitet in Faistenau bei Salzburg. Stipendien und Studienaufenthalte führten ihn auch schon nach Paris und Warschau.

Seit 5. September 2006 ist Bernhard Resch als“artist in residence“ im Haus der Lazaristen auf der Insel Burgaz. Er arbeitet weiter an der Serie „powerplants“. Eine dieser besonderen Pflanzen zeigt ja auch die Einladungskarte zur Ausstellung.

Das Thema mit diesen besonderen Pflanzen wird aber weitergeführt und modifiziert. Die Eindrücke in der neuen Umgebung werden verarbeitet, neue Motive eingebaut und weitere Farbstellungen entwickelt.
Doch die Grundidee bleibt: Es handelt sich um feinste Malerei, die totale Exaktheit und Perfektion signalisiert  und an wissenschaftliche Strategien erinnert. Alles muss genauestens dokumentiert sein. Und doch wird man in einem wissenschaftlichen Bestimmungsbuch diese Pflanzen nicht finden. Denn es sind Kreationen des Künstlers.
Wie in der Gentechnik DNA-Sequenzen zusammengefügt werden, um noch bessere, schönere, ertragreichere Sorten zu züchten, so kombiniert Bernhard Resch verschiedene Pflanzenteile neu. Dieses Vorgehen stellt den Menschen in seinem Anspruch, alles manipulieren zu wollen und dürfen, in Frage.

Auch in früheren Serien setzt sich der Künstler mit HYPER-Idealen auseinander. Da werden Porträts in der Serie „la confusion le weekend“ durch den Hintergrund und durch die feine Malerei übersteigert; sie kippen fast ins „Unmenschliche“ und wirken schon wieder bedrohlich in ihrer extremen Schönheit.
In der Serie „in petto“ werden idyllische Szenen durch Rötelstift und Aquarellfarben verfremdet.
Eine besondere Qualität, vor allem in technischer Hinsicht, bringt die Serie „Serendipity“. Nur mit dem Bleistift werden feine Schattierungen in den körperlichen Darstellungen herausgearbeitet. Aber auch die klaren Striche der Comics, die Sprechblasen und auch die Schattenflächen imaginärer Objekte sind mit dem einfachen Bleistift gemacht.

Das Projekt „artist in residence“ wurde mit Frau Outschar vom Österreichischen Kulturforum Istanbul schon vor geraumer Zeit überlegt. Von dort wurde auch der Flug des Künstlers gesponsert. Die Durchführung wurde für dieses erste Mal aber erst möglich durch die Großzügigkeit der Lazaristengemeinschaft, die auf der Insel Burgaz die Unterkunft zur Verfügung stellt.
Herzlichen Dank im Namen des Künstlers. Hoffentlich kann diese Förderung in irgendeiner Form noch weiter entwickelt werden!

Die Ausstellung „powerplants“ von Bernhard Resch ist noch bis Ende Oktober in der Galerie St. Georg zu sehen.

 

Norbert Krinzinger
2006, Istanbul

Bernhard Resch, ein junger österreichischer Künstler ist persönlich ein ganz Stiller.
Ruhig und bescheiden präsentiert er sich dem Gesprächspartner.

So ruhig und bescheiden er ist, so anspruchsvoll und kräftig ist seine Kunst. Mit kräftigen Farben springen seine Bilder ins Auge. Auf den ersten Blick wie Werbung von Plakaten. Klare Bildaussagen, Fotografien gleich, Symbole der Konsumgesellschaft.
Aber bei näherer Betrachtung wird die Subtilität der Aussage sichtbar. Die Ironie, die Beschäftigung mit dem Oberflächlichen in unserer Gesellschaft, die Frage nach der Tiefe unserer Empfindungen.

Ein gewagter Grenzgang am Rande zum Kitsch soll uns diesen Fragen, zu diesen Hinterfragungen anleiten, anregen. Und dabei stoßen wir wieder auf den Stillen, den Denker, den Künstler. Ein Künstler hat die Aufgabe das Materielle mit dem Immateriellen zu verknüpfen, nicht an der Oberfläche hängen zu bleiben, sondern in die Tiefe unseres Bewusstseins einzutauchen.

 

Christina Tabor
Österreichisches Kulturforum Warschau
2005